Im Nebel
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.
Voll von Freunden war mir die Welt
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
Hermann Hesse
sie wehen im Wind sie glitzern feucht vom morgendlichen Nebel unermüdlich neu sind die Äste übersät
sie liegen im Verborgenen reichen tief unsichtbar
und was nach außen dringt umhüllt ihn sicher doch trägt ihn nicht wächst nicht, ihn zu schützen
und wenn er noch sein eigener Scheit ist der ihn wärmt sein eigenes Papier dass der Feder lauscht hält ihn
nichts und im Sturm muss er fallen
Helge Wurst
DU.....
Dein Duft ist überall,
festgesetzt in den Wänden.
Deiner Stimme Hall,
die Dinge berührt von deinen warmen Händen.
Ich spüre deine Anwesenheit,
auch wenn die Kälte der Nacht mich umgibt.
Du bist wie die Ewigkeit.
Ein Gedicht, bei dem es kein Ende gibt.
Karina F.
Hommage
Licht und Schatten ziehen leise
auf dem Boden ihre Bahn
Dinge rücken schleichend in den gleißend hellen Strahl
sie leuchten noch, doch stehn verlassen
und sinken bald zurück ins Reich der Schatten
wär doch auch ich einmal im Schatten
und käme dann hinauf ins Licht
so müsstest du mich sehn
wenn nur auch ein Hauch verbleibt
bis ich vergeh'
* Helge Wurst *
Bewaffneter Friede
Ganz unverhofft an einem Hügel sind sich begegnet Fuchs und Igel. Halt, rief der
Fuchs, du Bösewicht! Kennst du des Königs Ordre nicht? Ist nicht der Friede längst verkündigt, und weißt du nicht,
daß jeder sündigt, der immer noch gerüstet geht? Im Namen seiner Majestät, geh her und übergib dein Fell, Der
Igel sprach: Nur nicht so schnell. Laß dir erst deine Zähne brechen, dann wollen wir uns weiter sprechen! Und
allsogleich macht er sich rund, schließt seinen dichten Stachelbund und trotzt getrost der ganzen Welt, bewaffnet,
doch als Friedensheld.
*W. Busch*
Erinnerungen an die Marie A.
1. An jenem Tag im blauen Mond September Still unter einem jungen Pflaumenbaum Da
hielt ich sie, die stille bleiche Liebe In meinem Arm wie einen holden Traum.
2. Und über uns im schönen Sommerhimmel War
eine Wolke, die ich lange sah Sie war sehr weiß und ungeheuer oben Und als ich aufsah, war sie nimmer da.
3.
Seit jenem Tag sind viele, viele Monde Geschwommen still hinunter und vorbei. Die Pflaumenbäume sind wohl abgehauen Und
fragst du mich, was mit der Liebe sei. *B. Brecht*
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| 4. So sag ich dir: ich kann mich nicht erinnern Und doch, gewiß, ich weiß schon, was
du meinst. Doch ihr Gesicht, das weiß ich wirklich nimmer Ich weiß nunmehr: ich küßte es dereinst.
5. Und auch
den Kuß, ich hätt ihn längst vergessen Wenn nicht die Wolke dagewesen wär Die weiß ich noch und werd ich immer wissen Sie
war sehr weiß und kam von oben her.
6. Die Pflaumenbäume blühn vielleicht noch immer Und jene Frau hat jetzt vielleicht
das siebte Kind. Doch jene Wolke blühte nur Minuten Und als ich aufsah, schwand sie schon im Wind.
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Zwei Brüder
Oben auf der Bergesspitze liegt das Schloss in Nacht gehüllt;
Doch im Thale leuchten Blitze, helle Schwerter klingen wild.
Das sind Brüder die dort fechten, Grimmen Zweikampf, wutentbrannt.
Sprich, warum die Brüder rechten mit dem Schwerte in der Hand?
Gräfin Lauras Augenfunken zündeten den Bruderstreit;
beide glühen liebestrunken für die adlig holde Maid.
Welchem aber von den beiden wendet sich ihr Herze zu?
Kein ergrübeln kann's entscheiden, - Schwert heraus, entscheide du!
Und sie fechten kühn verwegen, Hieb auf Hiebe niederkracht's.
Hütet euch, ihr wilden Degen, grausig Blendwerk schleichet Nachts.
Wehe! Wehe! Blut'ge Brüder! Wehe! Wehe! Blut'ges Thal!
Beide Kämpfer stürzen nieder, einer in des anderen Stahl.
Viel Jahrhunderte verwehen, viel Geschlechter deckt das Grab;
Traurig von des Berges Höhen schaut das öde Schloss hinab.
Aber nachts, im Thalesgrunde, wandelt's heimlich, wunderbar,
wenn da kommt die zwölfte Stunde kämpfet dort das Brüderpaar.
*H. Heine*
Welch ein Mädchen ich wünsche zu haben? Ihr fragt mich.
Ich hab' sie,
Wie ich sie wünsche, das heißt, dünkt mich, mit wenigem viel.
An dem Meere ging ich und suchte mir Muscheln. In einer
fand ich ein Perlchen; es bleibt nun mir am Herzen verwahrt.
*J.W.v.Goethe*
Schriftsteller
Es ist kein Autor so gering und klein
der nicht dächt' etwas Recht's zu sein;
Und wär er noch so ein armer Wicht,
Geht er doch stolz und aufgericht''t,
dass man glaubt, der leere Hut
Noch zu dem kleinen gehören thut.
Auch kein Autor auf den anderen baut;
Denn sei ein Paar noch so vertraut,
Darfst heut den einen herunterfetzen,
Willst du den anderen höher schätzen,
Und morgen, auf des zweiten Rösten
lässt sich der erste nennen den Besten.
*W. Hauff*
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst,
dass sie im Blütenschimmer von ihm nun träumen müsst'.
Die Luft ging durch die Felder, die Ähren wogten sacht,
es rauschten leis die Wälder, so sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stille Lande, als flöge sie nach Haus.
*J.F.v. Eichendorff*
Im Herzen, tief versteckt, lebt dort
der Wächter über meine Sehnsucht.
Obwohl dies ist ein warmer Ort
scheint er seit langer Zeit verflucht.
Denn dort toben Stürme, sie zehren an mir!
Wünsche und Pflichten reißen mich entzwei!
Die Freiheit zu wählen zieht an mir vorbei,
bin schuldig und kann doch nichts dafür.
*unbekannt*
Hoffnung
Es reden und trämen die Menschen viel
von bessern künftigen Tagen;
Nache einem glücklichen, goldenen Ziel
sieht man sie rennen und jagen.
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
doch der Mensch hofft immer auf Besserung.
Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
sie umflattert den fröhlichen Knaben,
den Jüngling begeistert ihr Zauberschein,
sie wird mit dem Gries nicht begraben;
Denn beschließt er Grabe den müden Lauf,
noch im Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.
Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,
erzeugt im Gehirne des Toren,
Im Herzen kündet es laut sich an:
Zu was Besser'm sind wir geboren;
und was die innere Stimme spricht,
das täuscht die hoffende Seele nicht.
*F.Schiller*
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